Die Basilika St. Martin in Memmingen – Denkmal und
Wahrzeichen
Die Stadtpfarrkirche St. Martin liegt am nordwestlichen Rand der historischen
Altstadt von Memmingen auf einer kleinen Anhöhe über dem Talgrund der Memminger
Ach; südlich des Kirchengebäudes befindet sich der alte Friedhof der Stadt, der
1530 aufgelassen wurde und heute mit alten Buchen und Kastanien bewachsen ist.
Der Turm der denkmalgeschützten Pfarrkirche ist weithin sichtbar, mit einer Höhe
von 65 m stellt er das höchste Bauwerk und ein Wahrzeichen von Memmingen dar.
Die Basilika St. Martin zählt zu den
ältesten Kirchenbauten im nördlichen Allgäu, bei der Vollendung im Jahr
1500 war das Bauwerk die größte Stadtpfarrkirche zwischen Lech und
Bodensee. Große Bedeutung erlangte die Kirche im 16. Jahrhundert während
der Memminger Reformation, die von hier in das gesamte Allgäu
ausstrahlte. St. Martin in Memmingen wurde wahrscheinlich als
Königshofkirche der Welfen gegründet; von 1241 bis 1562 war die Basilika
eine Klosterkirche der Antoniter, seitdem ist das Kirchengebäude die
Dekanats- und Stadtpfarrkirche von Memmingen. Durch die Überführung
einer Blutreliquie aus dem benachbarten Benningen erhielt St. Martin den
Status einer Wallfahrtskirche; nach dem Zerfall der Hostie wurde 1446
diese Auszeichnung wieder entzogen.
Neben den Gottesdiensten finden im
Kirchenraum auch Orgel- und Vokalkonzerte statt, jeden Samstag um 12 Uhr
werden Kirchenführungen mit Orgelmusik angeboten.
Bei dem Standort der
Stadtpfarrkirche handelt es sich um ein uraltes Siedlungsgelände,
denn unter dem Gebäude wurden 1912 bei Grabungsarbeiten Überreste
eines spätrömischen Kastells gefunden. Ein erster Vorgängerbau der
Kirche entstand wahrscheinlich um das Jahr 800, die Baugeschichte
von St. Martin beginnt im Jahr 926 als welfische Eigenkirche. Erste
Erweiterungen bzw. Umgestaltungen fanden 1077 und 1176 statt, die
Staufer übernahmen 1178/79 den Kirchenbau. Aufgrund
architektonischer Unstimmigkeiten ist davon auszugehen, dass bei der
Errichtung des heutigen Baukörpers eine alte romanische bzw.
frühgotische Bebauung berücksichtigt und integriert werden musste.
Am Anfang des 14. Jahrhunderts begann eine Erweiterungsphase, in der
ein Chorraum, der Turm und fünf Joche unter wechselnden Baumeistern
errichtet wurden. Das sechste Joch vollendete Conrad von Amberg im
Jahr 1410, der Baumeister Matthäus Böblinger aus Ulm fügte 1489-91
zum Abschluss zwei weitere Jochbögen hinzu. Ab der Mitte des 15.
Jahrhunderts erfolgte der Innenausbau, bei dem drei Seitenkapellen
im Langhaus entstanden; im Jahr 1500 war der Kirchenbau vollständig
abgeschlossen. Spätere Einbauten sind eine Sängerempore von 1656 im
ersten Joch und ein Scheingewölbe im Mittelschiff; notwendige
Renovierungsarbeiten fanden 1867-72, 1926/27, 1962-65 und 1984-88
statt.
Der Bau der Stadtpfarrkirche St. Martin wurde als dreischiffige und
achtjochige Basilika mit Satteldach, erhöhtem Altar- und Chorraum
sowie einem Turm an der Nordostecke ausgeführt. Das 18,8 m hohe
Mittelschiff weist eine Länge von 50 m bei 14,4 m Breite auf, der
östlich angrenzende Chorraum ist zusätzlich 24,6 m lang; der direkte
Hauptzugang zum Langhaus erfolgt über das Brauttor an der Westseite.
Die beiden 7,5 m breiten Seitenschiffe reichen bis zum Turm bzw. zum
Chorhaus mit der außen angebauten neuen Sakristei; Süd- und
Nordschiff sind rund 10 m hoch und besitzen jeweils zwei Eingänge.
Der quadratische Turm wurde 1325-1405 errichtet; ein Blitzschlag
zerstörte 1535 den hohen Spitzhelm, weshalb seit 1537 ein Achteckbau
mit einer welschen Haube den Turm abschließt. Der Kirchturm enthält
eine historische Pendeluhr zum Aufziehen aus dem Jahr 1524 und
insgesamt acht Glocken, die zwischen 1428 und 1966 gegossen wurden.
Die Wände und Pfeiler im Kircheninneren sind eher schlicht gehalten
und erinnern an den einfachen Baustil der Romanik. Einen
sehenswerten Wandschmuck stellen jedoch zahlreiche Ölbilder und
Fresken dar, wobei die ältesten Kunstwerke auf das frühe 13.
Jahrhundert datiert werden; die bekanntesten Meister stammen aus den
Künstlerfamilien Strigel und Sichelbein. Einen deutlichen Gegensatz
zu der relativ schmucklosen Architektur bilden die sehr aufwändigen
Holzschnitzereien der Innenausstattung. Als herausragende Beispiele
süddeutscher Schnitzkunst gelten die Nussbaumkanzel aus dem Jahr
1700, der Kreuzaltar von 1531 mit gotischen Stilelementen und Formen
der Renaissance sowie das beeindruckende Chorgestühl, das in den
Jahren 1501-07 durch die Meister Hans Herlin und Hans Stark
geschaffen wurde. Das Gestühl mit 63 Sitzen gehört zu den
kunstvollsten sakralen Schnitzarbeiten Deutschlands; es enthält
zahlreiche Intarsienfelder, Plastiken und Porträts wohlhabender
Memminger Bürger. Diese Holzporträts waren zur damaligen Zeit
anscheinend so gut getroffen, dass überall ein wichtiges Detail
fehlt – der Name.