Die Wallfahrtskirche St. Coloman – ein Kleinod mit passender
Fassung
Umgeben von einigen alten Bäumen steht die Wallfahrtskirche St. Coloman auf
freiem Feld nordöstlich von Schwangau im Allgäu. Die exponierte Lage des
barocken Gotteshauses im Zentrum einer beeindruckenden Landschaft mit
Forggensee, Tegelberg und den Königsschlössern Hohenschwangau bzw.
Neuschwanstein machen St. Coloman zu einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten
in Bayern. Der Name der Kirche stammt von einem irischen Pilger, der 1012 hier
gerastet hat und wenig später in der Nähe von Wien als Märtyrer erhängt wurde.
Nach mehreren Heilungen und Wundern ließ Markgraf Heinrich den unverwesten
Leichnam in der Stiftskirche von Burg Melk bestatten; im Jahr 1245 erfolgte die
offizielle Erhebung zum Heiligen, der besonders im bayerisch-österreichischen
Raum als Schutzpatron von reisenden oder kranken Menschen und Tieren verehrt
wird.
An dem Standort der heutigen
Kirche befand sich eine gotische Feldkapelle aus dem 15. Jahrhundert,
deren zunehmende Bedeutung als Wallfahrtsort einen Neubau zur
Erweiterung des bestehenden Gebäudes notwendig machte. Aus diesem
Vorgängerbau wurden vom Flügelalter zwei Tafelreliefs und Schnitzfiguren
des Schreins in die neue barocke Kirche übernommen. Der Bauentwurf für
St. Coloman stammt von dem Wessobrunner Baumeister Johann Schmuzer, die
Bauarbeiten in den Jahren 1673-78 leitete der Füssener Maurermeister
Hieronymus Vogler. Nach dem vorläufigen Abschluss der Arbeiten wurde
1682 noch der Turm an der westlichen Seite des Langchores errichtet, die
Kirchenweihe erfolgte am 9. Mai 1685 durch den Augsburger Weihbischof
Eustach Egolf von Westernach. In den folgenden Jahrzehnten ergänzten ein
Chorgestühl (1711), ein Fassadenvorbau (1714) und eine Empore (1730) den
Kirchenbau, der bereits 1719 erstmals renoviert werden musste; bis 1977
folgten drei weitere Erhaltungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen.
Durch die Mauer des ehemaligen
Pestfriedhofes von 1635/36 mit einem Rundtürmchen entsteht bei der
Außenansicht von St. Coloman ein eher mittelalterlicher Eindruck,
der durch das gestreckte Langhaus mit gestuften Strebepfeilern,
doppelten Fensterreihen und einem ziegelgedeckten Satteldach
unterstützt wird. Der Chorbau an der Westseite ist deutlich
niedriger und schmaler als das Kirchenschiff; in der Flucht des
Chorraumes folgt noch eine Sakristei, weshalb dieser Gebäudeteil
relativ langgestreckt erscheint. Der Chorbau und die dreiseitig
geschlossene Sakristei stellen Teile der Vorgängerkirche dar, sie
dienten als Schiff bzw. Altarraum der früheren gotischen
Feldkapelle. Der Kirchturm weist einen quadratischen Unterbau mit
schmalen Lichtschlitzen auf, das Obergeschoss ist achteckig
ausgeführt und wird von einer typischen Zwiebelhaube gekrönt.
Im Gegensatz zu der eher schlichten spätgotischen Fassade weist der
Innenraum von St. Coloman eine prächtige barocke Ausgestaltung auf.
Das Kirchenschiff mit fünf Jochen wird von einer weiten
Stichkappentonne überragt; die Wände sind durch Pilaster zwischen
den Fensterreihen deutlich strukturiert, wobei ein markantes Gesims
die oberen Rundfenster von den tieferen Ovalfenstern trennt. Decken
und Wände werden von reichen Stuckdekorationen überzogen, die
ebenfalls von Johann Schmuzer entworfen wurden; als Motive der
Stuckarbeiten sind Engel, Muscheln, Blüten, Blattwerk und
Fruchtgehänge zu erkennen. Diese Dekorationsformen schmücken auch
die rot-weißen Stuckmarmoraltäre, die damit einen deutlichen
Übergang vom Langhaus zum Chorraum abmildern. Der imposante
Hochaltar mit dreifachem Säulenaufbau beinhaltet ein gemaltes
Altarblatt von Bartolomäus Bernhardt, es zeigt den Hl. Coloman neben
der Hl. Dreifaltigkeit; die durch Bernhardt ähnlich gestalteten
Nebenaltäre weisen auf ihren Altarblättern Darstellungen der
Heiligen Magnus, Cosmas und Damian auf. Der unbemalte Kanzelkorb ist
mit Intarsien versehen und stammt aus der Erbauungszeit der Kirche.
Aus Sicherheitsgründen kann die Wallfahrtskirche St. Coloman nur bei
Führungen jeweils am Donnerstag um 15 Uhr oder von Mai bis Oktober
täglich zwischen 14:30 und 16:30 Uhr besichtigt werden; ein kleines
Fenster ermöglicht jedoch auch außerhalb der Öffnungszeiten einen
Blick in den barocken Innenraum. Ein Höhepunkt im Kirchenjahr ist
das St. Colomansfest am zweiten Oktobersonntag. Bei einem
zweimaligen Umritt erfolgt die Fürbitte um Gesundheit bei Mensch und
Tier, anschließend wird der Bittgang nach alter bayerischer
Tradition bekräftigt – mit Bier und Brezen.