Die Waldburg – lebendige Geschichte zwischen Altan und Verlies
Die Waldburg liegt auf einem kleinen Bergrücken in einer Höhe von 772 m ü. NN am
Westrand des Allgäus zwischen den Städten Wangen i. Allgäu und Ravensburg; die
Burganlage gehört zu den besterhaltenen mittelalterlichen Burgen Süddeutschlands
und gilt als Wahrzeichen der Region Oberschwaben. Durch die erhöhte Lage auf
einem Drumlin der Würmeiszeit bietet die Waldburg von ihrem Altan bei klarer
Sicht weite Ausblicke bis zum Ulmer Münster im Norden und zu den Alpengipfeln
der Schweiz im Süden.
Im frühen 19. Jahrhundert stellte die Burg
einen wichtigen Vermessungs- und Orientierungspunkt für die
trigonometrische Landvermessung dar. Die Waldburg ist der Stammsitz des
Reichsfürstengeschlechts von Waldburg, das im Jahr 1108 erstmals erwähnt
wird; die Entstehungszeit der ältesten Burggebäude wird auf das Ende des
11. Jahrhunderts datiert. Als Höhenburg mit durchgehender Ringmauer war
die Anlage militärisch sehr gut gesichert, außerdem boten die steilen
Wände des Drumlins einen zusätzlichen Schutz bei Angriffen. Ein kleiner
Nachteil dieser bevorzugten Lage war lediglich das begrenzte
Platzangebot, weshalb die Burganlage immer weiter in die Höhe wuchs.
Ursprünglich bestand die Waldburg aus Palas, Wirtschaftsgebäude, Torturm
mit Anbau an der Ostseite und Burgmauer; in der Mitte des 13.
Jahrhunderts fand eine erste Umgestaltung mit dem Neubau eines
zweigeschossigen Wohnturmes und der Verlegung des Haupteingangs statt.
Im frühen 14. Jahrhundert begann
eine zweite Baumaßnahme, in deren Verlauf der Palas auf fünf Etagen erhöht
und der ehemalige Torturm zum zweistöckigen Kapellenturm ausgebaut wurde;
gleichzeitig ließ Truchsess Johannes I. um das Jahr 1323 die heutige
Burgkapelle errichten. In der Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgte unter
Truchsess Georg IV. ein Umbau der Waldburg zu einem schlossähnlichen Wohn-
und Herrschaftssitz, der jedoch ab dem 17. Jahrhundert nur noch sporadisch
von der Fürstenfamilie benutzt wurde und heute überwiegend als Museum dient.
Eine abschließende Baumaßnahme war die durch Reichserbtruchsess Ferdinand
Ludwig im Jahr 1728 durchgeführte Barockisierung und Vergrößerung der
Kapelle.
Den Bauernkrieg und den Dreißigjährigen Krieg überstand die Waldburg ohne
nennenswerte Zerstörungen oder Plünderungen; von den späteren
Kriegsereignissen blieb die Burganlage ebenfalls verschont, sodass Besucher
die Räumlichkeiten nahezu im Originalzustand besichtigen können. Die
zweistöckige Burgkapelle im Ostflügel ist mit dem Palas über einen Wehrgang
verbunden, der Glockenstuhl im Turm trägt zwei Glocken; in den Jahren 1220
bis 1240 wurden in der Kapelle die Reichskleinodien aufbewahrt. Das
Kapelleninnere ist reich mit Stuck verziert, der spätmittelalterliche
Flügelschrein wird von den Waldburger Hausheiligen Willibald, Wunibald und
Walburga gekrönt. Die Kapelle weist inklusive Empore 60 Sitzplätze auf, sie
stellt einen würdigen Rahmen für Taufen und Hochzeiten dar. Im ehemaligen
Wirtschafts- und Gesindehaus befindet sich die Burgschenke mit einer großen
offenen Feuerstelle; hier können Besucher wie in der mittelalterlichen
Suppenküche selbst eine deftige Mahlzeit zubereiten. Die fast eintausend
Jahre alten Gewölbe der Waldburg liegen unter dem Palas, sie werden
überwiegend für stilechte Ritteressen in einer passenden Umgebung genutzt.
Über dem Keller erhebt sich der fünfstöckige Wohnturm mit dem Roten Salon
und dem original erhaltenen Rittersaal aus dem Jahr 1568; auf drei Etagen
ist ein Museum untergebracht, das Themen wie Burggeschichte,
Landesvermessung, Gerichtsbarkeit, erste Weltkarte und Reichsinsignien
behandelt. In der Schatzkammer sind Repliken der Reichskleinodien
ausgestellt, die Originale von Reichsapfel, Zepter, Reichskrone und Heiliger
Lanze befinden sich in der Wiener Hofburg. Neben Burg- und Museumsführungen
bietet die Waldburg von April bis Oktober zahlreiche kulturelle
Veranstaltungen und Feste, die im romantischen Innenhof stattfinden; bei
Kindern sehr beliebt sind die Familiensonntage mit Hufeisenwerfen,
Armbrustschießen und Gauklern – ein lohnender Ausflug ins Mittelalter.